Wie ist es eigentlich, ein Booknerd zu sein?

Wie ist es eigentlich, in Booknerd zu sein?

Vorab muss ich sagen, dass ich gar nicht weiß, wie es ist, wenn man kein Booknerd ist. Seit ich denken kann, liebe ich Geschichten. In Zeiten vor E-Books war es auch noch richtig anstrengend, denn wenn ich gerade einen dicken Schinken gelesen habe, der womöglich auch noch ein Hardcover war, habe ich den natürlich mitgeschleppt. Daher bin ich heute froh, dass man so ein dünnes Ding mitnehmen kann, auf dem auch noch zig Bücher sind. Ich habe also unterwegs die freie Auswahl.  

Aber wie ist es denn nun, ein Booknerd zu sein? Ich finde es großartig! Ich kann und möchte mir mein Leben gar nicht anders vorstellen. Ein wenig traurig bin ich, dass ich, je älter ich wurde, in kurzen Pausen einfach nicht mehr gelesen habe. Als es noch Werbung im Fernsehen gab, habe ich sogar in der Werbepause gelesen. “Normale” Menschen konnten das nie verstehen, denn angeblich kann man sich in so kurzer Zeit gar nicht auf eine Geschichte einlassen. Das stimmt aber gar nicht und aktuell arbeite ich dran, dass ich selber nicht mehr so denke.  

Ist es eigentlich bei dir auch so, dass du dein Leben in Kapitel eingeteilt hast? Was ich damit meine, ist, dass ich immer das aktuelle Kapitel beenden muss, bevor ich etwas anderes mache. Ich kann einfach nicht gut einfach mittendrin aufhören und irgendwas machen. Das muss schon alles seine Ordnung haben. Daher lese ich äußerst ungern Bücher ohne Kapitel, die es glücklicherweise auch gar nicht so oft gibt.  

Eine weitere Sache, die nicht-Leser wahrscheinlich kirre macht ist folgende: Wenn mir ein Buch gefallen hat, sind die Figuren für mich lebendig. Wenn ich mit irgendwem über die Figur rede, ist es, als würde ich über einen guten Freund reden – oder einen Feind, je nach Figur. Ich erinnere mich an ein gemeinsames Frühstück mit meinen Eltern, bei dem ich mit meinem Vater über Harry Potter gesprochen habe. Meine Mutter, die Fantasy nicht gern mag, aber sonst auch liest, hat nur dagesessen und uns mit großen Augen angeguckt. Es war fast so, als würden Harry, Ron & Co. Bei uns am Tisch sitzen. Großartig! Mit Nicht-Lesern kann man sowas nicht machen und ich wurde schon ab und an mal seltsam angesehen, wenn ich meinte, dass Figur X dies oder jenes niemals tun würde.  

Ein Freund von uns, der ein wirklich kluger Kerl ist, sagte kürzlich zu mir, dass er es bewundert, wie belesen ich bin. Ich habe das noch nie so gesehen, weil ich belesen ganz anders definiere. Für mich bedeutet belesen, dass jemand viel unterschiedliches Fachwissen hat, nicht dass derjenige viele Bücher kennt. Er meinte, er würde es nicht mal schaffen, ein Buch im Jahr zu lesen und ich würde gefühlt jeden Tag ein neues Buch lesen. Ganz so ist es natürlich nicht, aber seit dieser Aussage denke ich auch ein wenig anders über meinen Lesekonsum. Wie ich schon im letzten Beitrag schrieb, macht jedes Buch etwas mit uns. Ob es jetzt emotional oder zwischenmenschlich ist oder ob man etwas dazulernt.  

Nimmst du auch überall ein Buch mit hin? Ich schon. Jeden Tag schleppe ich meinen Reader mit zur Arbeit und am Ende lese ich in der Pause dann doch nicht. Ich habe sogar an Weihnachten meinen Reader mit zu meinen Eltern genommen, obwohl ich wusste, dass ich einfach nicht dort lesen werde. Warum sollte ich auch? Es war Weihnachten, wir haben lecker gegessen, schön geplauscht und ich habe keine Sekunde an ein Buch gedacht. Aber es geht nicht anders. Ohne Buch fühle ich mich einsam. Verrückt.  

Wir haben mehrere Streamingdienste abonniert, dennoch würde ich niemals oder nur sehr selten auf die Idee kommen, einen Film oder eine Serie zu gucken, wenn der Gatte nicht da ist. Das führt dazu, dass ich auch keine Serien gucke, die er nicht sehen möchte, aber ich kann da nicht anders. Wenn ich alleine bin, lese ich ein Buch. Alles andere ist für mich vergeudete Lebenszeit. In den zwanzig Jahren, in denen wir jetzt zusammen sind, kann ich höchstens an beiden Händen abzählen, wann ich mal alleine ferngesehen bzw. gestreamt habe.  

Unsere Wohnung sieht aus wie eine Bibliothek. Das war nicht immer so. Als ich wenig Geld verdient habe, habe ich mir die Bücher aus der Bücherei ausgeliehen, und ein Buchkauf war etwas Besonderes. Jetzt ist es so, dass ich durchs Bloggen ja viele Bücher vom Verlag bekomme und mittlerweile möchte ich nur noch E-Books haben, denn ich staple schon überall, wo Platz ist. Das hält mich allerdings trotzdem nicht davon ab, Bücher zu kaufen oder mir Bücher zu wünschen, denn ich will ja auch nicht alles, was ich lese, rezensieren müssen. Also wächst der Bücherberg immer weiter an.  

Für mich ist jedes Buch etwas Besonderes. Ich finde die Bewertungspolitik der Bewertungsportale einfach schlimm. Ein Buch, das ich ganz großartig fand, kann meine Freundin grottenschlecht finden. Mir würde es viel besser gefallen, wenn man keine Sterne- oder sonstigen Bewertungen abgeben müsste, sondern einfach nur Text. Aber wahrscheinlich würden dann viel weniger Menschen Bewertungen abgeben. Ich frage mich immer, wie ich ein fünf Sterne Buch von einem vier Sterne Buch abgrenzen soll. Daher gebe ich in den meisten Fällen fünf Sterne und meine Rezension beinhaltet dann die Kritikpunkte oder eben, was mir besonders gut gefallen hat. Das sagt meiner Meinung nach viel mehr aus als die blöden Sterne. Ich selber lese übrigens nur die negativen Rezensionen, weil ich finde, dass man dort eher die reale Kritik herauslesen kann. Das habe ich auch vor meinem Blog schon so gemacht.

Ich habe sehr oft Szenen aus Büchern im Kopf, wenn ich mit Menschen rede und muss mich dann immer zurückhalten, darauf im Gespräch nicht Bezug zu nehmen, denn die meisten Menschen um mich rum sind einfach keine Leser. Wenn mir dann doch mal was rausrutscht, werde ich meist seltsam angeguckt, weil sie nichts damit anfangen können. Ich kann mich aber nicht immer bremsen. Manchmal fühle ich mich wie ein Mensch vom anderen Stern, deshalb fühle ich mich in der Buchbubble so wohl. Da sind die meisten Menschen wie ich.

Thema Geschenke: Ich habe immer Bücher auf meiner Wunschliste, denn es werden ja auch immer neue Bücher veröffentlicht. Logisch, dass die Liste da einfach immer mehr wächst. Kennst du diese Leute? „Du hast doch schon so viele Bücher, warum soll ich dir denn noch eins schenken?“ Als wäre es immer die gleiche Geschichte. Leider ist es aber auch so, dass sich zum Beispiel meine Eltern gar nicht mehr trauen, mir Bücher zu schenken, weil sie im Gegensatz zu mir schon lange den Überblick verloren haben, welche Bücher ich bereits besitze.

Es ist aber auch so, dass ich total gerne Bücher verschenke. Es gibt Leute, die sich sehr darüber freuen und das auch sagen und dann gibt es Leute, die sich nicht freuen, das aber nicht sagen, zumindest gehe ich in manchen Fällen davon aus, dass die Freude nicht so groß ist. Ich weiß übrigens auch bei jedem Buch schon während des Lesens, wem es gefallen könnte und verteile (meistens ungefragt) Tipps.

Was sind denn deine Erfahrungen als Booknerd? Oder siehst du dich gar nicht als Booknerd an?  

7 Kommentare zu „Wie ist es eigentlich, ein Booknerd zu sein?“

  1. Ich liebe Bücher. Reicht das um als Booknerd durchzugehen? 🤣

    Lesen begleitet mich schon seit meiner Kindheit. Vor 4,5 Jahren habe ich meinen Blog erstellt um mein mittlerweile intensives Hobby mit anderen teilen zu können.

    Eine Sache habe ich mit anderen Booknerds nicht gemeinsam: Ich habe keinen SuB. Meinen Kaufdrang habe ich super unter Kontrolle. Was auch daran liegt dass Platz und Geld nicht unendlich sind. 😉

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  2. Bücher bekommt man auch kostenlos. Ja. So wachsen die Bücherstapel. Man kann nicht jedes Buch, das einen interessiert kaufen, weil die Erfahrung zeigt, dass manche dann doch nicht die Erwartungen erfüllen. Dann ist das ein oder andere kostenlose Exemplar sehr willkommen.
    Für mich sind auch Cover und Aufmachung eines Buches entscheidend. Deshalb nutze ich e-Books nur, wenn es mal schnell gehen muss.

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