Autorin im Selfpublishing: Interview mit Kassia L. Hill

Autorin im Selfpublishing: Interview mit Kassia L. Hill

Heute habe ich ein besonderes Interview für dich. Ich habe mich mit Kassia L. Hill übers Selfpublishing unterhalten und hoffe, dass ich dadurch ein paar Vorurteile gegenüber Selfpublishern ausräumen kann.

Liebe Kassia,  

Ich freue mich sehr, dass du mir zum Thema Selfpublishing hier Rede und Antwort stehst. 😉 Wie du sicher schon mitbekommen hast, ist das Thema mir total wichtig. Seit 2022 versuche ich als Leserin und Bloggerin das Ansehen von Selfpublishern zu verbessern.  

Kannst du mir verraten, warum du den Weg des Selfpublishing gewählt hast?  

Mir war sehr früh bewusst, dass der Weg zu einem Verlag steinig ist und die Chancen, sieht man von Kleinverlagen einmal ab, gering. Ich wollte aber nie für die Schublade schreiben, denn auch das war mir sehr früh bewusst: Ein Buch schreibt sich nicht mal eben schnell und schon gar nicht nebenbei. Es gehört eine Menge Handwerkszeug und vor allem Disziplin dazu. So gesehen, war Selfpublishing einerseits zwar eine bewusste Entscheidung, aber leider auch ein wenig Notlösung. 

Eine Verlagsbewerbung habe ich nie eingereicht und inzwischen ist Selfpublishing alles andere als eine Notlösung für mich, sondern ein Weg, für den ich mich mit jedem Buch bewusst entscheide. 

Mit all seinen Herausforderungen und Hürden, bietet mir Selfpublishing zum einen größtmögliche, künstlerische Freiheiten und einzigartige Lernchancen. Ich glaube, würde ich nur schreiben, würde ich mich womöglich schnell langweilen. 

Bist du der Meinung, dass jeder, der ein Buch schreibt, erst einen Kurs besuchen muss oder gibt es auch Naturtalente?  

Ich denke, Talent wird immer noch überbewertet. Natürlich gehört ein gewisses Gefühl für Sprache und die Liebe zu Geschichten dazu. Aber würde jemand, der nicht gerne liest, überhaupt auf die Idee kommen, ein Buch zu schreiben? Vermutlich passiert das eher selten. 

Einen Roman zu schreiben, dazu gehört einiges an Handwerkszeug. Man kann sich das natürlich selbst beibringen. Dazu gehört erst einmal viel zu lesen, um ein Gespür zu entwickeln, wie Geschichten funktionieren. Dann gibt es gute Schreibratgeber auf dem Markt, es gibt Foren und man kann sich Feedback von Testlesern holen. Oder man besucht eben einen Kurs. 

Ich selbst habe den Schreibkurs in der Romanschmiede von Lea Korte absolviert. Die Ausbildung dauerte ein Jahr. Mit 24 Lektionen und ohne Semesterpause war es wirklich eine Herausforderung.  Mir hat es geholfen, anhand eines didaktischen Konzeptes zu lernen. Einige Umwege konnte ich so sicher vermeiden und der regelmäßige Austausch mit der Dozentin und den anderen Lernenden half mir, auch die Momente der Zweifel zu überwinden und dranzubleiben. 

Aber letztlich ist es wie beim Gitarre lernen. Es gibt Autodidakten und Menschen, die sich einen Profi suchen. Am Ende haben beide die Chance, ein gutes Niveau zu erreichen und jede/r darf hier seinen Weg finden. 

Einige Leser:innen sind der Meinung, dass niemand Geld in Korrektorat, Lektorat, Buchsatz und Coverdesign steckt, da die Buchveröffentlichung dadurch sehr teuer wird. Wie siehst du das? 

Solche Autor:innen gibt es natürlich, einige sind sogar erfolgreich. Ich verweise hier sehr gerne auf die aktuelle Umfrage von 2024 des Selfpublisher-Verbandes, an der 1060 Personen, die bereits veröffentlicht haben, teilgenommen haben. 

Nach der Befragung gaben nur 17,7 % an, dass sie kein Lektorat, Korrektorat oder Coverdesign in Auftrag gegeben haben. Der überwiegende Teil gibt also durchaus Geld für Dienstleistungen aus und dabei kommen oft vierstellige Summen zusammen. 

Würdest du sagen, dass selbst publizierte Bücher genauso professionell sind wie Bücher von Verlagen? Und warum denkst du das? 

Warum sollten sie nicht mindestens genauso professionell sein können, wie Verlagsbücher? Freie Autor:innen haben den großen Vorteil, dass sie sich ihre Dienstleistenden selbst aussuchen können. 

Das Label eines (Klein-) Verlages sagt nicht unbedingt etwas über die Qualität eines Buches aus. Gerade bei Verlagen, die unter großem wirtschaftlichem Druck stehen, gibt es zuweilen Einsparungen an Lektorat und Korrektorat. 

In erster Linie ist ein Verlag ein Wirtschaftsunternehmen. Er wird nur Bücher ins Programm aufnehmen, von denen sich der Verlag entsprechende Marktchancen erhofft. Das hat zwar auch mit der Qualität, aber auch mit der Größe der möglichen Leserschaft zu tun. Denn ein Verlag muss Gehälter bezahlen und große Gebäude anmieten oder unterhalten. Selfpublisher:innen können als Einzelunternehmer:innen wesentlich flexibler auf neue Lesetrends reagieren und auch kleine Nischen bedienen, die für einen Verlag nicht profitable wären. 

Hier lohnt es sich, einmal zu stöbern. Lesende können erfrischende Themen und spannende Genre-Mixe entdecken. 

Was war denn aus deiner Sicht das größte Hindernis auf dem Weg zum selbstpublizierten Buch? 

Sichtbarkeit zu erlangen und die eigene Zielgruppe zu erreichen. In der Masse der jährlichen Publikationen nicht unterzugehen – das sind ungefähr 70.000 Verlagsveröffentlichungen im Jahr, Selfpublishing ist hier nicht erfasst – ist eine immense Herausforderung. 

Wie viele Kollegen und Kolleginnen suche auch ich immer wieder nach Wegen und Möglichkeiten, meine Bücher bekannter zu machen. 

Ihr müsst ja, wie viele “kleine” Autoren auch, euer Marketing selbst in die Hand nehmen. Wird man da im Laufe der Zeit zum Experten?  

Schön wäre es! Natürlich habe ich viel dazugelernt und lerne noch immer, aber es ist wirklich nicht einfach, als One-Woman-Show diesen Apparat am Laufen zu halten. Ich besuche Schulungen zum Thema Buchmarketing, bin auf Social-Media aktiv und habe eine eigene Webseite mit einem Blog rund ums Thema Schreiben und Lesen. Und es gibt Pläne für zukünftige Projekte auf meinem Blog, über die ich aber noch nichts verraten möchte. 🙂 

Woher hast du Informationen bekommen, worauf man beim Selfpublishing achten muss?  

Mein erster Kontakt mit dem Thema waren Blogs, wie der von Annika Bühnemann. Dann natürlich der Selfpublisher-Verband, der ebenfalls monatliche Weiterbildungen anbietet. Matthias Matting mit seiner Selfpublisherbibel ist Gold wert, ebenso seine Facebook-Gruppe. Überhaupt sind die Kollegen und Kolleginnen in der Regel sehr hilfsbereit und stehen einem mit Rat und Tat zur Seite. Seien es Fragen zur Technik, Meinungen zum Klappentext oder auch einfach mal ein ermutigendes Wort. Hier empfehle ich gerne den “Club der Selfpublisher”. 

Wer den Austausch sucht, findet auf jeden Fall vielfältige Möglichkeiten, sich zu vernetzen und ins Gespräch zu kommen. 

Was erwartest du als Autorin von Bloggern/Lesern, denen du ein Rezensionsexemplar überlässt? 

Ich erwarte Zuverlässigkeit. Natürlich ist mir ein neues Buch wichtig und gerade zur Veröffentlichung braucht es einen Push – und der kommt auch durch Rezensionen. Mir ist aber durchaus bewusst, dass meine Bloggerinnen ein Leben haben, das manchmal mit all seinen Widrigkeiten zuschlägt. Deshalb gebe ich auch äußerst ungern Vorgaben, bis wann eine Rezension veröffentlicht sein soll. 

Aber nichts ist schlimmer, als monatelang auf eine Rezension zu warten, die vielleicht nie kommt. Als Autorin weiß ich dann nicht, lag es an mir? Am Thema? Hat die Geschichte nicht gefallen? Oder ist bei der Leserin einfach das Leben dazwischengekommen? 

Es kann immer etwas sein, warum man ein Buch nicht lesen oder weshalb man keine Rezension schreiben kann/will. Ich wünsche mir dann einfach eine kurze Nachricht. 

Was können Leser deiner Meinung nach tun um Selfpublisher zu unterstützen? 

Kauft unsere Bücher, sprecht darüber und empfiehlt sie weiter. Gebt freien Autor:innen eine Chance und schreibt eine Rezension. Und die kann auch ganz knapp sein. Niemand erwartet einen Schulaufsatz. Ich kann nur sagen, dass ich mich über jede Rezension freue, über jede persönliche Nachricht, die mich erreicht, und jeden Stern zähle. 

Wenn du die freie Auswahl hättest, ob du weiter im Selfpublishing bleibst oder beim Verlag veröffentlichst, was würdest du wählen?  

Würde morgen das Telefon klingeln und ein Verlag sich melden, sicher würde ich mich geschmeichelt fühlen. Wahrscheinlich würde ich es mit breitem Grinsen meinen Mann und meinen Freundinnen erzählen. Aber dann würde es eben doch auf die Bedingungen ankommen. Der Schuh muss passen und wenn es irgendwo drückt, würde ich wohl verzichten. 

Du bist nicht nur Autorin, sondern auch Lektorin. Neigt man in dem Fall dazu seine Bücher selbst lektorieren zu wollen? 

Es wäre großartig, wenn das funktionieren würde. Die traurige Wahrheit ist jedoch, dass Lektorierende genauso betriebsblind werden, wie alle anderen Schreibenden auch. Man steckt so tief in der Geschichte, weiß, was man ausdrücken möchte, dass man die Wirkung des Textes kaum mehr einschätzen kann. 

Sicher, wenn ich einen Text im Lektorat habe, bei dem z. B. die Szeneneinstiege noch Potenzial haben, achte ich auch bei meinem eigenen Text verstärkt auf diesen Punkt. Aber ansonsten neige ich dazu, dieselben Fehler wie meine Autor:innen zu machen. 

Zum Glück habe ich eine gute Lektorin, mit der ich seit meinem Debüt zusammenarbeite und mit der mich inzwischen eine Freundschaft verbindet. 

Möchtest du noch ein paar Worte dazu sagen, was du schreibst? 

Sehr gerne. 

Ich schreibe romantische Geschichten mit Bergsehnsucht. Meine Figuren sind keine Millionäre oder Bad Boys, sondern Menschen wie du und ich. Sie haben emotionale Tiefe und suchen Erfüllung und Heilung mit der Kraft der Liebe. Oft mit Wohlfühlsetting und immer mit Happy End. 

Aktuell arbeite ich an einer weihnachtlichen Liebesgeschichte – wärmend wie heißer Kakao und süß wie Plätzchen mit Zuckerguss. 

Vielen Dank für die spannenden Fragen und dass ich mich ihnen stellen durfte. 

Ich danke dir für die ausführlichen Antworten. Auf dein Weihnachtsbuch bin ich sehr gespannt. Als Weihnachtsfan ist es jetzt schon imaginär vorgemerkt.

3 Kommentare zu „Autorin im Selfpublishing: Interview mit Kassia L. Hill“

  1. Herzlichen Dank, dass ich mich deinen spannenden Fragen stellen und an mancher Stelle noch einmal in mich hineinhören durfte. Ich glaube wirklich, Selfpublishing bietet unwahrscheinlich viele Möglichkeiten und Chancen. Selbst Goethe war Selfpublisher. Und wer möchte ausgerechnet ihm mangelnde Qualität unterstellen?
    Liebe Grüße
    Kassia

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Entdecke mehr von Kunterbunte Bücherreisen

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten