Aufwachsen in der Psychiatrie – Ein Kinobericht

Anfang Februar habe ich bei einem Gewinnspiel des KiWi-Verlags mitgemacht. Zu gewinnen gab es zwei Kinokarten für das bereits im Jahr 2013 erschienene Buch “Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war” von Joachim Meyerhoff. Eine Woche später trudelte eine Mail vom Verlag ein: Ich hatte die Kinokarten gewonnen.  

Roxy Kinot in Dortmund
Roxy Kino Dortmund

Das Buch habe ich vor meiner Zeit als Bloggerin gelesen und obwohl ich nicht mehr alle Einzelheiten im Kopf habe, erinnere ich mich doch daran, dass es sehr humorvoll geschrieben war und gleichzeitig viel Trauriges beinhaltete.  

Inhalt (Quelle: kino.de): 

Joachim wächst auf dem Gelände der größten psychiatrischen Klinik Schleswig-Holsteins auf, nicht weil er selbst Patient ist, sondern weil sein Vater Direktor Meyerhoff (Devid Striesow) die Klinik leitet. Dieser hat eine große Hingabe zu seiner Arbeit und den jungen Patient*innen und auch für Joachim gehören diese quasi zur Familie. Als jüngster Sohn des Direktors sucht er oft Zuflucht bei ihnen, denn seine älteren Brüder ärgern ihn gerne bis zum Tobsuchtsanfall. Die Mutter der drei Jungen (Laura Tonke) sehnt sich Aquarelle malend weg vom kräftezehrendem Alltag und hin zu lauen Sommernächten in Italien. Währenddessen taucht auch der Direktor außerhalb seiner Arbeit im Lesesessel in andere Welten ab und geht hinter dem Rücken seiner Frau heimlich seine eigenen Wege. Das heile Familienleben scheint Risse zu bekommen und als Joachim langsam erwachsen wird, macht ihm auch der Verlust der ersten Liebe schwer zu schaffen. 

Leinwand mit Kinokarte
Kurz vor dem Film 🙂

Mein Wunsch war es, in ein kleines Kino zu gehen, weil ich keine Lust hatte an einem Samstag stundenlang für den Umtausch der Gutscheine anzustehen. Also habe ich nach einiger Suche das Roxy Kino in Dortmund gefunden, das genauso war, wie ich es mir vorgestellt habe: Nur ein Kinosaal, keine Menschenmassen und daher auch keine langen Schlangen. Der Film lief allerdings nur um 17 Uhr, so dass wir zunächst vor einem verschlossenen Kino standen. Um kurz vor 17 Uhr wurden wir dann eingelassen und dann ging es auch schon los. Was mir nicht bewusst war: In einem Kino dieser Größe läuft keine ewig lange Werbung. Lediglich der einzige Film, der nach unserer Vorstellung laufen sollte, wurde beworben und dann startete “Wann wird es endlich wieder so, wie es noch nie war”.  

Ich muss zugeben, dass ich keine großen Hoffnungen in den Film gelegt habe, denn nach meiner Erfahrung schaffen es deutsche Filmemacher selten, Humor aus Büchern so zu transportieren, dass er dem im Buch ebenbürtig ist. Oft werden diese Filme dann eher zu Slapstick, was ich gar nicht leiden kann. Hier war meine Sorge aber unbegründet. Der unterschwellige Humor, der in Meyerhoffs Büchern immer vorhanden ist, war genauso auch im Film zu finden. Die Figuren waren mit den Schauspielern genau richtig besetzt und ich hatte zu keiner Zeit das Gefühl in einem Laientheaterstück zu sein.  

Der Film behandelt die Kindheit und die Jugend von Joachim Meyerhoff ziemlich ausführlich, zum Ende hin folgte noch ein kurzer Teil, in dem er als junger Erwachsener dargestellt wurde. Ich habe mich die ganze Zeit über gefragt, ob er heute als Erwachsener besser mit Menschen umgehen kann, die anders sind, als ich es zum Beispiel kann. Ich fand es anrührend, dass sein Vater die Patienten als einen Teil seines Lebens angesehen hat und mit ihnen beispielsweise auch seine Geburtstage gefeiert hat. Für einige Lacher bei mir haben die Patienten gesorgt, die mit ihren teils skurrilen Verhaltensweisen zu unfreiwilligem Humor beigetragen haben – unfreiwillege Komik war es zumindest in Josses Kindheit, im Film wohl eher beabsichtigt.  

Gut umgesetzt war auch, dass der Vater seine Frau betrügt, aber wie das in der Kindheit und Jugend nun mal ist, bekommt Josse es nur am Rande mit. An diesem Beispiel war aus meiner Sicht deutlich zu erkennen, dass die Buchvorlage aus der Perspektive des Autors geschrieben ist.  

Wenn dir das Buch gefallen hat, kann ich dir auf jeden Fall auch zum Film raten. Ein paar klitzekleine Längen hatte er, aber das hat nicht viel ausgemacht, weil der Rest in sich rund war und zu meiner Erinnerung an das Buch passte.  

Ich danke dem KiWi-Verlag herzlich für die Kinogutscheine.  

Trailer „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“

Reihenfolge der Bücher:  

Alle Toten fliegen hoch – Amerika 

Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war 

Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke 

Die Zweisamkeit der Einzelgänger 

Hamster im hinteren Stromgebiet 


Der Autor (Quelle: KiWi-Verlag): 

Joachim Meyerhoff, geboren 1967 in Homburg/Saar, aufgewachsen in Schleswig, war vierzehn Jahre lang Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters. In seinem sechsteiligen Zyklus »Alle Toten fliegen hoch« trat er als Erzähler auf die Bühne und wurde zum Theatertreffen 2009 eingeladen. Seine Romane wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Seit 2019 ist Joachim Meyerhoff Ensemblemitglied der Berliner Schaubühne. 

Autorenfoto Joachim Meyerhoff
© Ingo Pertramer 

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